Nachdem ich am Tag zuvor Nachmittags pünktlich aus Vanarasi abgefahren bin, gestaltete sich die weitere Fahrt wieder anders als gedacht.

Diesmal war zumindest noch ein älteres Paar aus England mit an Bord. Verspätung war ja nichts neues für mich und so rechnete ich mit dem Schlimmsten. Glücklicherweise waren es dann insgesamt doch nur 2 Stunden, die der Zug mehrere Male auf der Strecke stand. Den Bahnhof Lucknow erreichten wir dann um 1 Uhr am Freitagmorgen. Wieder wurde ich direkt am Zug abgeholt und wir sind erstmal ins Hotel gefahren.

Das Comfort Inn Hotel war ziemlich heruntergekommen und lebte irgendwie nur noch vom Namen der Kette. Wenigstens hatten sie einen schönen Altar.
Die Nacht war kurz, das Frühstücksbuffett hatte auch ein paar westliche Dinge zu bieten. Dann ging es um 9:30 Uhr schon wieder los. Eile war geboten, schließlich musste ich ja am Nachmittag schon im nächsten Zug Richtung Delhi sitzen.
Der Fahrer sah lustig aus, mit seiner Schirmmütze, als ob er aus der Zeit gefallen war. Der Rücksitz war gefüllt mit allem, was man als Reisender so braucht: Wasser, Desinfektionsmittel, Süßigkeiten jeder Coleur. Fehlte nur noch die Zahnbürste.
Immer gab es kühles abgepacktes Wasser.
Die erste Station unser Reise ging zum „Bara Imambara“. Wir hatten Glück und wurden noch hinein gelassen, denn danach wurde alles wegen des anstehenden muslimischen Freitagsgebets bis 14 Uhr geschlossen.

Mehrere Gebäude u.a. eine Moschee in einem gut gepflegten, parkähnlichen Gelände. Alles wurde von einem „Nawab“ (Provinz- Gouverneur im damaligen Mogulreich) beauftragt und von Einheimischen erbaut.

Darunter auch die größte freitragende Konstruktion in Indien (50 x 16 Meter und 15 Meter hoch, ohne Stützen) gebaut, mit einem Labyrinth, das als Gegengewicht zur Hallenkonstruktion und der Luftzirkulation diente. Das Labyrinth bietet 1024 Wege das Dach des dreistöckigen Gebäudes zu erreichen und hatte 489 identische Eingänge. Einige Gänge sind mittlerweile gesperrt worden. Die Leute haben sich verlaufen, verletzt (ist ja teilweise dunkel) und sogar umgebracht.

Der Hauptsaal (bitte den Kopf drehen):

der Sonnenblumensaal auf der einen Seite:

und der Wassermelonensaal auf der anderen Seite:

In den Seitensälen sitzen die Frauen während der religiösen Feierlichkeiten.

Am Ende im Wassermelonensaal war eine Kopie einer Moschee ausgestellt.

Dazu gibt es eine Geschichte. Als der Nawab damals das Grundstück einer alten Dame kaufen und ihr dafür ein doppelt so teures Haus bauen wollte , lehte die mit der Begründung ab, dass sie ja eine Kopie der Hussain Moschee hätte. Der Nawab garantierte ihr, dass er dafür sorgen werde, dass diese Kopie immer gut aufgehoben werden würde. Daraufhin willigte die alte Dame ein und seit dem steht die Kopie dort. Solche Kopien gibt es viele in dem Gebäude. Sie werden gespendet und an bestimmten Feiertagen in einer Prozession durch die Straßen getragen.

Der Bau startete 1785 nach einer großen Hungersnot. Der Newab bot allen Einheimischen Arbeit an, um die Not zu mildern. Die Elite wollte ursprünglich nicht mithelfen, aus Angst das Gesicht zu verlieren. Der Nawab wollte ihnen sogar Geld ohne Arbeit geben, das lehnten sie ab und arbeiteten dafür lieber nachts. 1791 war der Bau endlich fertig.

Alles wird links und rechts von weiteren Gebäuden flankiert.

Rechts ein Gebäude, das auch türkisches Tor genannt wird:

Auf der anderen Seite steht ein Gebäude über dem Brunnen, der aus dem Wasser des nahegelegenen Flusses Gomti gespeist wird:

Die Räume darüber wurden als Gästezimmer genutzt:

Am Eingang stand das sogenannte Trommeltor. Dort wurde die Uhrzeit verkündet und es wurde der Besuch begrüßt:

Interessant auch die verschiedenen Baustile. Die Art der Balkone kommt aus Rajasthan, die umgedrehte Lotusblüte auf dem Dach der Moschee kommt aus dem Hinduismus und die Bögen sind aus Persien (woher die Mogule ursprünglich herkamen).

Danach ging es gleich um die Ecke zur Imam Bargah, die kleiner als die Bara Imambara war, ansonsten gilt das gleiche Prinzip. Sie ist auch gleich aufgebaut:

Innen sah es dann so aus:

Ein weiterer Unterschied ist, das Hussain und seine Familie nur 5 Jahre Zeit hatte das alles zu bauen. Neben einer Moschee:

gehört auch ein Hamam für die Imame mit mehreren Schwimmbädern mit Wasser vom Fluss dazu.

Die führten kein schlechtes Leben damals. Bemerkenswert ist auch der Fisch als Wetterhahn:

oder die beiden Frauen, jeweils links und rechts, die das Kabel vom Dach halten und dafür sorgen, dass der Blitz nicht einschlägt:

Ein paar Kuriositäten schauten wir uns dann noch an. Einmal gibt es den Husainabad Glockenturm (67 Meter hoch und von 1881) , der eine Kopie von Big Ben sein soll, nur besser.

Ob er auch so klingt, konnte mir allerdings niemand sagen.
Ein bisschen weiter gab es eine Kopie des (geplanten) schiefen Turms von Pisa. Er wurde leider nie fertig und es blieb bei 4 Stockwerken. Schief ist er ja auch nicht.

In der angrenzenden Picture Gallery waren alle 8 Nawebs auf Bildern ausgestellt. Kurios war dabei, dass die so gemalt wurden, als ob es 3D wäre und die Blicke einem folgen würden.

Die Überreste der Britisch Residency war unser nächstes Ziel.

Gebaut um 1800 für die Briten, d.h. eher für die West East Trading Company wurde sie 1857 beim ersten Unabhängigkeitskrieg zerstört. Hier lebten 3000 Engländer, von denen am Ende nur 700 und die Überreste übrig blieben.

Ebenfalls sehr interessant ist die Tatsache, dass die Newab auf dem Gelände auch noch eine Imambara und eine Moschee gebaut hatten. Was eigentlich nicht hierher passte.

Nach einem kurzen Mittagessen:

fuhren wir anschließend zum „La Martiniere College“. Das wurde von dem Franzosen Claude Martin (1735 – 1800) gegründet. Er kam aus Lyon und machte mit Waffenproduktion und dem Geldverleih an die Naweb viel Geld. Ein geplatzes Geschäft brachte im das riesige Grundstück von 1,4 qkm ein. Das war allerdings auch nur ein, für die Landwirtschaft nicht nutzbares dschungelähnliches, Gelände nahe dem Fluss Gomti, der gerne über die Ufer tratt.
Mit viel Aufwand errichtete er nach eigenen Plänen ein Landhaus.

Von hinten:

Linker und rechter Seitenflügel:

Erst nach seinem Tod würde 50 Jahre später eine Privatschule (getrennt nach Jungen und Mädchen) errichtet, die nicht unter englischem Einfluss stand.

Der Versammlungssaal:

und das Fenster:

Der ganze Campus war sehr gepflegt und riesig groß. Die bewirtschaften dort ihre eigenen Felder und haben sogar eine eigene Molkerei.

Ziemlich schnell machten wir uns dann auf in Richtung Bahnhof, wo mein Zug schon auf mich wartet.

2 Antworten

Schreibe eine Antwort zu uwebeyerAntwort abbrechen